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Gibt es glückliche Kühe?

Christina Dunz • 16. November 2020

Was sind die ethischen Aspekte?


Im letzten Blogartikel habe ich über die gesundheitlichen Auswirkungen der Kuhmilch auf den Menschen berichtet. Heute geht es um die ethischen Aspekte. Die Werbung zeigt uns die „freien“ Kühe, die auf der Weide grasen. Tatsächlich ist das Leben der meisten Kühe in Deutschland kurz und qualvoll. Viele der Kühe leben in der sogenannten Anbindehaltung, d.h. sie dürfen sich während ihres ganzen Lebens nicht bewegen und haben keinen Kontakt mit Artgenossen. Andere leben in dunklen Laufställen auf schmierigen Beton- und Spaltenböden. Eine Wiese sehen die meisten Kühe nie.


Hochleistungsmaschine Milchkuh

Nicht nur die Haltungsbedingungen sind das Problem und machen den Tieren das Leben zur Qual. Milchkühe geben heutzutage bis zu 50 Liter Milch pro Tag. Im Normalfall gibt eine Kuh nach der Geburt eines Kalbs etwa acht Liter Milch täglich. Um diese Mengen an Milch jeden Tag produzieren zu können, werden den Kühen jede Menge Medikamente verabreicht, wie Antibiotika vor allem gegen die verbreiteten Euterentzündungen, aber auch andere haltungsbedingte Krankheiten. Nicht nur Medikamente schaffen diese körperlichen Höchstleistungen, sondern auch spezielles Futter, welches sehr eiweiß- und energiereich ist. Hierbei handelt es sich nicht um eine artgerechte Haltung. Kühe fressen von Natur aus Gras, keine Getreidekörner oder Sojabohnen, das dann auch noch genmanipuliert in z.B. Südamerika angebaut wird. Für Bio-Kühe ist deshalb vorgeschrieben, dass sie zu 60 Prozent strukturreiches Raufutter bekommen, das bedeutet Grünfutter, Heu und Silage, also milchsauer vergorene Pflanzen. Trotzdem darf 40% Kraftfutter zugegeben werden.


Wirtschaftlichkeit und was passiert mit den Kälbern

Um wirtschaftlich zu bleiben, sind die Kühe während sie Milch geben wieder trächtig. Das Kalb wird sofort nach der Geburt von der Mutter entfernt und meist einzeln in Kälberboxen gesperrt. Das ist weder für die Mutter-Kuh noch für ihr Baby, das Kalb besonders schön. Man kann sich vorstellen, was in diesen Tieren vor sich geht, die sehr instinktiv handeln. Männliche Kälber sind wenig wert, sie werden nach meist ca. neun Monaten geschlachtet. Bis dahin erfahren sie auch nichts Schönes: Ohrmarken, Enthornungen mit heißen Brenneisen an Nervenenden, Kastration oft ohne Narkose. Die weiblichen Kühe haben das gleiche Schicksal, wie ihre Mütter und werden als Milchmaschinen benutzt. Nach drei bis fünf Jahren ist eine Milchkuh zumeist vollständig ausgezehrt und die Milchleistung lässt nach, sie wird geschlachtet und meist zu Hackfleisch verarbeitet. Die natürliche Lebenserwartung einer Kuh liegt zwischen zwölf und 20 Jahren.

Die Bedürfnisse der Kühe müssen der Industrie unterordnen werden das ist klar und gesellschaftlich akzeptiert. Denn die Supermarkt-Regale wollen mit großen Mengen an möglichst „preiswerter“ Milch, Käse, Eis, Schlagsahne und anderen Milchprodukten beliefert werden. Dann greifen, die Konsumenten gerne zu. Auch Vegetarier. Viele glauben – so wie ich früher auch – dass für Milch keine Kuh getötet wird und Bio-Kühe ein nettes Leben auf saftigen grünen Weiden haben. Das wäre schön, nur leider falsch.


Wie sieht es bei Bio aus

In Bio-Betrieben gibt es auch selten glückliche Kühe, auch wenn sie dort tatsächlich grüne Wiesen sehen. Auch in diesen Betrieben wird das Kalb nach wenigen Tagen von der Mutter getrennt. Kälber wollen sich bewegen, spielen und soziale Kontakte knüpfen. Deshalb müssen sie in Gruppen gehalten werden. Einzelboxen, die Ansteckungen unter den Kälbern vermeiden sollen, sind jedoch in der ersten Lebenswoche zulässig. Konventionell ist Gruppenhaltung erst nach acht Wochen vorgeschrieben.

Biokühe kommen in der Regel von Mai bis Oktober auf die Weide - Herdenleben, Grasfressen, Bewegung inklusive. Die Stallart und Stallgröße variiert stark je nach Betrieb oder Biosiegel - von großen Boxenlaufställen für mehr als 400 Kühe bis zu kleinen Familienhöfen mit Anbindehaltung. Ja, richtig gelesen, eine Anbindehaltung ist auch in Bio-Betrieben oft noch zulässig.

Auch die Biokühe haben in der Regel keine Hörner mehr. Nur beim Bioverband Demeter dürfen die Kühe ihre Hörner behalten - die Unversehrtheit der Kuh steht im Vordergrund.

Einmal im Jahr bekommt natürlich auch eine Biokuh ein Kälbchen, damit sie Milch gibt. Doch auch Biokälbchen müssen ohne ihre Mütter groß werden: Nach maximal drei Tagen werden sie getrennt. Eine Besonderheit ist die muttergebundene Kälberaufzucht. Hier werden die Milchkühe mehrere Monate lang zusammen mit ihren Kälbern gehalten. Die Kühe werden dann täglich gemolken und trotzdem trinken die Kälber Milch aus dem Euter der Mutter.


Mein Fazit

Fakt ist – die meisten Milchkühe wachsen in der Halle auf und werden nie den freien Himmel geschweige denn Gras zwischen den Hufen genießen können. Auch wenn uns die Bilder von glücklichen Kühen auf den Milchprodukt-Verpackungen etwas anderes suggerieren wollen.Es handelt sich um Mogelpackungen.

Bio Kühen geht etwas besser, insbesondere bei Demeter Betrieben. Besonders die muttergebundene Kälberaufzucht finde ich erwähnenswert und gut. Allerdings müssen wir uns irgendwann wirklich fragen, wie viel Kuhmilch brauchen wir täglich in Form von Milch, Sahne, Joghurt, Quark, Käse, etc.? Ist eine Reduzierung möglich? Mit was lässt sich das eine oder andere Produkt ersetzen? Es wird Zeit über diesen Konsum, der extrem unnatürlich ist, nachzudenken und sich selbst zu hinterfragen.


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